Offener Brief - Gemeinderatsbeschluß zum Bürgerentscheid

Offener Brief – Fragestellung zum Bürgerentscheid
An den Oberbürgermeister und die Mitglieder des Gemeinderates

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte,

in der Gemeinderatssitzung vom Dienstag, den 23. Juli 2002 wird unter 1. TOP die Entscheidung über den Bürgerentscheid am 22. September 2002 gefällt. Diese Entscheidung wird das Gesicht unserer Stadt und deren Entwicklung auf Jahrzehnte verändern. Aus diesem Anlaß haben die Professoren Werner Rothengatter (Institut für Wirtschaftspolitik und –forschung), Bernd Scholl (Institut für Städebau und Landesplanung) sowie Dirk Zumkeller (Institut für Verkehrswesen) eine Denkschrift unter dem Titel „ÖPNV und Stadtentwicklung in der Stadt Karlsruhe“ (Kurzfassung umseitig) verfaßt, in der sie zu der Auffassung kommen, daß die „Kombi-Lösung“ noch nicht reif für eine Bürgerentscheidung sei. Vielmehr sei die Variante mit einer Schienentrasse in der Kriegsstraße für die Stadtplanung ein „nachhaltiger“ Ansatz, der Priorität vor dem Kaiserstraßentunnel haben müsse.

Weil bei einer Ablehnung der „U-Strab-Kompunente“ der sogenannten „Kombi-Lösung“ auch der Umbau der Kriegsstraße abgelehnt wird und auf mind. 3 Jahre blockiert wäre, fordern die Aktiven von Mehr Demokratie, Sie Herr Oberbürgermeister und die gewählten Vertreter unserer Stadt auf, angesichts dieses sachlichen Zusammenhangs zwischen Umgestaltung der Kriegsstraße und Straßenbahntunnel, nicht beide Projekte gemeinsam zum Gegenstand eines Bürgerentscheids zu machen. Da dieses „Huckepackverfahren“ nicht fair und sachdienlich ist, nachdem die Bürgerbeteiligung sehr unterschiedliche Grade der Zustimmung zu diesen beiden Projekten gezeigt hat und auch die Finanzierung sowie entsprechende Realisierungschancen und –zeiträume sich unterschiedlich darstellen.

Da beide Projekte unabhängig voneinander verwirklicht werden könnten und Sinn machen, wäre die Aufteilung in zwei Fragen sachgemäßer und ergebnisoffener. Die Abstimmenden hätten durch zwei jeweils mit Ja oder Nein beantwortbare Fragen Gelegenheit zu differenzierter Entscheidung und wären aus dem Dilemma befreit, mit einem Gesamt-Ja etwas Ungewolltes zu befördern und mit einem Gesamt-Nein ein gewünschtes Projekt zu blockieren.

Mehr Demokratie fordert Sie daher auf, das Bürgerentscheidungsverfahren so zu gestalten, dass es über Karlsruhe hinaus vorbildlich verläuft und nicht als Versuch, ein einmal abgelehntes Projekt mittels Scheinbeteiligung und Schnüren eines Gesamtpakets doch noch durchzuboxen.

Mit freundlichen Grüßen ,

Jürgen R. Wenzel
Mehr Demokratie e.V.

An die Mitglieder des Gemeinderates
An die Presse zur Kenntnis am 19.07.2002

Umseitig die Kurzfassung der Denkschrift
„ÖPNV und Stadtentwicklung in der Stadt Karlsruhe“