In den BNN vom 20. Juni 2002 in gekürzter Form erschienen unter dem Titel

„Die wichtigsten Forderungen ignoriert“

Leserbrief zum Thema „Kombi-Lösung des OB Fenrich vom 11.6.2002“ und Replik zum Kommentar „Gut kombiniert“ von Annette Borchardt-Wenzel (Redaktionsleitung) in „Der Sonntag“ vom 16.6.2002, Seite 2.

Gut kombiniert?

Man kann natürlich auch um der Täuschung willen einen Kompromiss eingehen. Wer aus beliebigen ideologischen Gründen bisher für eine U-Strab war, dem wird auch die jetzt vom Karlsruher OB vorgeschlagene „Kombi“-Lösung sehr gut in den Kram passen. Doch auch wenn einige chronischunkritische Claqueure weiterhin die Stadtverwaltung und deren Chef lobhudeln: Heinz Fenrich hat nur und genau das getan, womit bei ihm zu rechnen war.

Er hat so getan, als habe er die Ergebnisse des Bürgerbeteiligungsverfahrens City2015 ernst genommen und er habe anhand der Bürgerwünsche eine Kompromisslösung ausarbeiten lassen: eine abgespeckte U-Strab, die immerhin suggeriert als würde das Herz der Kaiserstrasse von den Strassenbahnen befreit, und dazu eine Strassenbahntrasse in der Kriegsstraße, die die Erweiterung der Stadt nach Süden erleichtert.

Eine Straßenbahntrasse in der Kriegsstraße kann die Probleme von Karlsruhes City lösen. Denn eine Fußgängerzone verdient ihren Namen nur dann, wenn sie nicht ausschließlich auf eine einzige Straße beschränkt ist. Und von alten Menschen, Müttern mit Kindern, Behinderten und Kranken zu verlangen, Fahrstühle, Rolltreppen oder lange Geh-Treppen zu benutzen, um wieder an die Erdoberfläche zu gelangen oder - da sie dies nicht wollen - vom Euro, vom Ettlinger Tor oder vom Kronenplatz in Richtung Marktplatz zu marschieren und zuvor evtl. noch mehrfach umzusteigen - das ist schon eine Zumutung. Nichts gegen die Absicht, die Kriegsstrasse endlich aufzuwerten. Dort wird künftig ECE die Musik spielen lassen, während viele Geschäfte in der Kaisertrasse schon während der U-Strab-Bauzeit eingehen werden. Karstadt mit seiner unterirdischen Haltestelle kann das nur recht sein im Behauptungskampf gegen das ECE-Zentrum.

Die „Kombi-Lösung“ ist kein Kompromiss, sondern nur ein weiterer Zwischenschritt zu dem, was die Bürger bereits 1996 mit großer Mehrheit abgelehnt haben: eine Mischlösung, durch die auch sein bislang propagiertes Hauptanliegen, die Kaiserstrasse straßenbahnfrei zu bekommen, in einem zu erwartenden nächsten Schritt aufgegeben werden wird. Die „Kombi-Lösung“ beschreibt den Panik-Zustand des OB und die Bereitschaft, wenigstens zum Schein auf Anregungen Anderer einzugehen. Die Kombi-Lösung“ stellt das Bürgerbeteiligungsverfahren auf den Kopf, denn eine U-Strab war weder von den Bürger- noch von den Facharbeitskreisen gewünscht, sondern die Beibehaltung der oberirdischen Bahnen in der Kaiserstrasse, ergänzt um eine - ebenfalls oberirdische - Bahntrasse in der Kriegsstrasse. Ungeachtet dessen wurde seit Wochen von der Stadt insgeheim an der Kombi-Lösung gearbeitet (pikanterweise gleichzeitig aber in der Öffentlichkeit erklärt, die Kriegsstrasse sei untauglich) und selbst die Stadtverwaltung zeigte sich sehr überrascht, dass die sog. Bürger- und Besuchergutachter plötzlich die U-Strab hinnahmen, obwohl sie bisher in den Zwischenergebnissen des Verfahrens nur bei den "Experten" (der Stadt) eine Rolle spielte. Wie ermöglicht wurde, was sich in idealer Weise in die OB-Strategie einfügte, bleibt ein unerklärtes Wunder: die versandfertigen Protokolle werden der interessierten Öffentlichkeit durch Befehl vom EB König seit 14.6.2002 vorenthalten! Einmal mehr erweist sich die LEG als willfähriger Handlanger der Stadtverwaltung zur Durchsetzung der U-Strab.

Die in einiger Zeit zu erwartende Misch-Übergangs-Lösung (weil der OB sonst weder die ersehnte Zustimmung der SPD noch die Zuschüsse zum U-Strab-Bau in der Kaiserstrasse erhalten wird) kann dann als das ca. 2000-tägige Ei des Ludwigus gefeiert werden: er kann die Karlsruher mit der Tram in die Kaiserstrasse bringen und die Auswärtigen mit den die Ja-zu-U-Strab-Gemeinde darf ihre Träume von einer schienenfreien Kaiserstrasse weiter hegen und die SPD sich rühmen, sie habe den rechten Weg gewiesen, und der OB wird "schweren Herzens" zu einem weiteren Kompromiss bereit sein.

Man sollte, wenn man in der U-Strab-Frage das Taktieren des OB durchschaut und es für schädlich hält, nicht schweigen. Besonders dann, wenn man eine etwas Besseres anzubieten hat: Kriegsstrassenumbau sofort und sich davon überzeugen, dass dies ausreicht und eine U-Strab in der Kaiserstrasse unnötig ist.

Das Bessere ist der Feind des (zumal nur scheinbar) Guten.

Wer hat nun besser "kombiniert"?

Der OB im Verein mit der CDU/SPD-Führung oder die U-Strab-Gegner?

Karlsruhe, am 16. Juni 2002

F.H.Eschbach
Jasminweg 13