In den BNN vom 10. August 2002 in leicht gekürzter Form erschienen unter dem Titel

"Salto Mortale" des Oberbürgermeisters führte zur Kombilösung

Leserbrief zum Thema "Kein Oldtimer für die Gegner des Tunnels" (BNN vom 20.7.2002)

Hilfloses Rudern auf dem Meer der Halbwahrheiten

Tricky Dicky wurde der amerikanische Präsident genannt, der sich in undemokratischen Machenschaften verhedderte bis ihn das Volk verjagte.

Die Zeitung "Der Sonntag" schrieb am 28. Juli unter der Rubrik "aufgefallen...Die Gegner des Tunnels unter der Kaiserstrasse ...haben gehörig etwas aufs Auge bekommen"; dass in diesem Faustkampf Oberbürgermeister Fenrich als der vermeintlich siegreiche Befürworter (sich) dabei die Rechte gebrochen hat, und dies weit schmerzlicher und gefährlicher ist, noch nicht. Entscheidend für die Blessur war sein Salto mortale:

Dabei ist er nicht auf dem Boden der Tatsachen, sondern in der Mogelpackung "Kombi-Lösung" gelandet. Seither verfolgt er die Durchsetzung des damit getarnten Tunnels mit einer Zwanghaftigkeit, die ihn nicht davor zurückschrecken läßt, das Ja zur Kriegsstrasse mit der gleichen "felsenfesten Überzeugung" zu vertreten, wie 6 Jahre lang das kategorische Nein. Weil er weiß, dass nicht alle Bahnen im Tunnel unterzubringen sind, hat er sie zum Eckstein seiner "Kombi-Lösung" gemacht. Eine Person, die wie er so und deshalb ins Gegenteil umkippt, ist weder kompetent noch glaubwürdig.

Doch will er die Kriegsstrasse nur zum Schein, um den Bürgern Honig ums Maul zu schmieren. Denn er muss davon ausgehen: Es ist, wie es das Gesetz will (GVFG) - wenn überhaupt - nur eine der Maßnahmen zuschussfähig; der Tunnel oder der Kriegsstraßenumbau. Für die Förderung der Kombi-Lösung gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Warum ist die pflichtgemäße Kostenvoranfrage dazu unterlassen worden?

Die Tücke liegt darin: Fenrich will nur den Tunnel - und dazu das Ja der Bürger ergattern. Er verrät sich damit, dass er ihn vorrangig bauen will. Und dies, obwohl hohe Kosten zu sparen wären, wenn umgekehrt vorgegangen würde. Die Kriegsstrasse zuerst brächte eine Trasse für den Tramverkehr der Kaiserstrasse während des Tunnelbaus und würde eine vernünftige Erschließung der Sammelgarage im ECE ermöglichen; sie würde also das dreimalige, sehr teure Umlegen der Gleise in der Kaiserstrasse, und der Kriegsstrasse unerquickliches Autogedränge ersparen. Der Haken ist für die Stadt und den Gemeinderat aber der: Nach dem Umbau der Kriegsstrasse würde sich zeigen, dass der oberirdische Netzausbau nicht nur ausreicht, sondern auch besser ist, der Traum vom Tunnel also unnötig ist.

Drei fachlich kompetente Institute der Universität haben zur U-Strab Kritik geäußert. Die Stadt hat der Denkschrift nichts Besseres entgegen zu setzen gewußt, als einen wütenden Rundumschlag bar jeder Sachlichkeit. Besonders blamabel war der Vorwurf, die Schrift sei zu spät gekommen. Hat die Stadt u. a. die Statements der Architekturprofessoren, die GfVp-Stellungnahme zum Stadtbahntunnel Karlsruhe von 1996, die Denkansätze im Bericht "Inovaplan" von 1997 oder die Verkehrsuntersuchung Kriegsstrasse von 2001 etwa nicht gelesen? Hat sie sie nicht mit der inzwischen von der Entwicklung völlig überholten Standardisierten Bewertung gar verdrängt und das Votum der Bürgerbeteiligung verleugnet?

Der Kompetenzverlust der Rathausspitze äußert sich momentan im Absturz der politischen Moral und in Nervosität. Demnach hat sie sich nicht gescheut, noch am Abend vor Inanspruchnahme die bereits bestätigte Ausleihe eines Straßenbahn-Oldtimers zu stornieren. Die Bürgerinitiative "Stoppt den Stadtbahntunnel - Für eine lebendige Innenstadt" hatte den Antrag Wochen zuvor unter seinem Namen gestellt. Eine im Funk verbreitete Nachricht, sie habe sich die Erlaubnis unter einem Decknamen erschlichen, ist unwahr. Die Stadt reagiert willkürlich und unsicher. Sie ist wie ein angeschlagener Boxer unberechenbar geworden.

Die Gemeinderatssitzung am 23. Juli hat wenigstens eines gebracht: Einen Text zum Bürgerentscheid, in dem jeder, der den Umbau der Kriegsstrasse will - und den Tunnel nicht, nur das NEIN ankreuzen kann. Der Text hat viele Bürger zornig gemacht und ihr Demokratieverständnis beleidigt. Das zeigt sich an den Ständen der Bürgerinitiative deutlich.

Die Bürgerinitiative muss auf alles gefaßt sein, auch auf eine Millionen Steuergelder teure Propagandaschlacht der Stadt.

Knut Jacob
Erzbergerstraße 21
76133 Karlsruhe